Diplomatie

Wadephul: Beitritt von Westbalkanländern im ureigensten EU-Interesse

17.11.2025, 13:26

Montenegro gilt als recht weit im stockenden Prozess der Annäherung an die EU. Der Außenminister will dem Verfahren neuen Schwung geben. Hat aber auch mahnende Worte parat.

Deutschlands Außenminister Johann Wadephul fordert die EU-Aspiranten auf dem westlichen Balkan auf, ethnische Spannungen zu überwinden und Reformen für einen EU-Beitritt kraftvoll fortzusetzen. Die Erweiterung der EU «liegt in unserem ureigensten Interesse», betonte Wadephul in der montenegrinischen Hauptstadt Podgorica zugleich nach getrennten Treffen mit Präsident Jakov Milotovic, Ministerpräsident Milojko Spajic und seinem Kollegen Ervin Ibrahimovic. Der Regierung in Montenegro sagte Wadephul weitere Unterstützung auf dem Weg in die EU zu.

«Eine starke und geeinte Europäische Union leistet den besten Beitrag zu Sicherheit und Wohlstand für die Bürgerinnen und Bürger der gesamten EU», sagte Wadephul. Gerade in Zeiten geopolitischer Umwälzung müsse man sich «darauf besinnen, was uns verbindet: Ein Raum des Rechts, der trotz aller Herausforderungen eine bedeutende Wirtschaftskraft und ein politisches Gewicht hat, das Freiheit ermöglicht.»

Der Bundesaußenminister lobte «sehr große Fortschritte» Montenegros beim Beitrittsprozess zur EU. «Wenn die Anstrengungen jetzt intensiviert werden und wenn Montenegro nicht nachlässt, dann kann dieser Weg erfolgreich sein.»

Ibrahimovic dankte Wadephul laut offizieller Übersetzung für die Unterstützung für den EU-Kurs seines Landes. «Montenegro ist ein verlässlicher Partner», versicherte er. Deutsche Investoren seien erwünscht im Land. Erneuerbare Energie sei am attraktivsten, aber auch deutsche Touristen seien willkommen. Montenegro strebt den EU-Beitritt bis 2028 an. 

In Tirana Treffen mit Anti-Korruptionsermittlern

In der albanischen Hauptstadt Tirana wollte Wadephul am Nachmittag zunächst mit dem Leiter der Sonderstaatsanwaltschaft zur Bekämpfung von Korruption, Organisierter Kriminalität und Terrorismus, Altin Dumani, sprechen. Der Bundesregierung bereitet Sorgen, dass Albanien - wie im Grunde alle Staaten auf dem Westbalkan - mit Korruption und organisierter Kriminalität zu kämpfen hat, die oft Hand in Hand mit der internationalen Drogenmafia geht. Anschließend waren politische Gespräche geplant.

Balkanstaaten unterschiedlich weit im EU-Beitrittsprozess

Die sechs Westbalkanländern Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Nordmazedonien, Montenegro und Serbien streben teils seit Jahrzehnten einen Beitritt zur EU an. Montenegro wird als am weitesten im EU-Beitrittsprozess gesehen, ein Datum für eine Aufnahme steht aber nicht in Aussicht. Mit Montenegro und Serbien führt die EU seit 2012 beziehungsweise 2014 Beitrittsverhandlungen. Mit Albanien und Nordmazedonien wurde der Verhandlungsprozess 2022 gestartet. Bosnien-Herzegowina hat den Status eines Beitrittskandidaten, ist aber bislang noch nicht in Verhandlungen. Das Kosovo ist potenzieller Beitrittskandidat.